Mein großer Bruder
Geboren wurde er am 26. März 1981 in Steyr oder Sierning. Genau weiß ich es nicht mehr, aber es liegt ohnehin alles in derselben Gegend. Die ersten Monate bzw. Jahre seiner Kindheit verbrachte er zweigeteilt bei den Großeltern in Walding, wo seine Eltern gerade Haus bauten, oder bei den Großeltern in Sierning (genauer Neuzeug) wo unsere Eltern in der Zwischenzeit wohnten. Egal wo er war wurde er natürlich wie ein kleiner Prinz umsorgt und verhätschelt. In einen der darauf folgenden Winter, kurz vor dem Kälteeinbruch war das Haus fertig gestellt und es wurde noch schnell übersiedelt. Die restliche Kindheit verlief ganz normal, bis sich am 25. März 1989, genau einen Tag vor seinem achten Geburtstag sein größter Wunsch erfüllt und ich - Peter - das Licht der Welt erblickte. „Juhuu. Endlich ein kleiner Bruder und Spielgefährte". Leider durfte er mich im Krankenhaus nicht besuchen weil er krank war, was ihm schwer zu schaffen machte, weil er schon so neugierig auf mich war. Als ich dann endlich zu Hause war, war für ihn die Welt wieder in Ordnung und das Leben ging weiter. In der Zwischenzeit hatte er die Volksschule und die Hauptschule besucht. In der Freizeit machte er mit seinen Freunden die Gegend unsicher oder beschäftigte sich sehr viel mit mir. Danach folgte die Pubertät, also die Rebellion gegen alles, aber vor allem gegen die eigenen Eltern. Die Pubertät verlief soweit ganz „normal", sofern ich das beurteilen kann. Meine Eltern haben immer zu ihm gehalten und ihn immer unterstützt und geliebt, egal wie daneben oder unpassend er sich benommen hatte. Er konnte sich immer auf sie verlassen, genau so wie ich das jetzt auch alles kann.
Nach der Hauptschule wechselte er in eine HTL. Jeden Tag fuhr am Weg dorthin über die eine Brücke. Die Brücke an der er seinem Leben ein Ende setzte. Zufall? Wohl kaum. Irgendetwas war in den drei Jahren HTL was ihn „zerstörte" bzw. ihn unglücklich machte. Er brach sie ab und wurde Lehrling als technischer Zeichner. Seinen Aussagen nach gefiel es ihm. Nach außen hin wirkte alles toll. Er schien glücklich zu sein. Er hatte einen Beruf gefunden, der ihm Spass machte und er hatte weder Geldprobleme noch irgendwelchen anderen Druck. Er hatte viele Freunde denen er wichtig war und er war jedes Wochenende auf einer anderen Party eingeladen. Er schien sorglos und glücklich zu sein... wie ich.
Ich liebte ihn. Nein, ich liebe ihn. Warum musstest du gehen? Ich verstehe es zwar täglich besser, aber es gibt einen Ausweg. Man muss nur wollen und sagen: „Stopp, ich brauche Hilfe!".
Ich hoffe ich halte es durch und schaffe es zumindest einen kleinen Lichtblick am Horizont zu sehen...
Stefan, ich liebe dich. Habe ich dir das auch jemals gesagt?
Ich vermisse dich.